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"Die Energiekrise ist auch eine Kulturkrise" - Positionierung des Präsidenten der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V.

Die gegenwärtige Energiekrise führt möglicherweise zu Engpässen in der Gasversorgung sowie zur extremen Verteuerung von Energie. Damit ist unumgänglich, dass sie auch den Kulturbereich hart treffen wird, von den Heizkosten kultureller Einrichtungen, der Bühnen- und Saalbeleuchtung bis zur Klimatisierung von Museen, Archiven und Bibliotheken und vielem mehr. Da ihr Verlauf und ihre Dauer gegenwärtig schwer abschätzbar scheinen, erfordert sie kluge Überlegungen zum Krisenmanagement.

Gleichzeitig fordert sie von uns, den Anlass zu nutzen, um auch mittel- und langfristige Lösungen zum ökologisch nachhaltigen Energie- und Gasverbrauch umzusetzen sowie an der Resilienz des Kulturbereichs zu arbeiten.

 

Diese Energiekrise ist auch eine Kulturkrise, da sie nicht nur die Grundlagen unserer Wirtschaft und unserer Infrastrukturen erschüttert, sondern zwangsläufig auch das vermeintlich unverrückbare Bild stabilen Wohlstands. Hat unser westliches Kulturmodell des Wachstums und der Ressourcenausbeutung angesichts der Klimakrise, zunehmender Migration und deutlicher Erosionserscheinungen in der demokratischen Verfasstheit bereits erhebliche Rissbildungen zu beklagen, fordert uns nun die Energiekrise umso deutlicher zu gesellschaftlichem Wandel, aber auch besonnenem Übergangsmanagement auf. Schließlich braucht es kurzfristig Schutzmechanismen für jene Grundlagen unseres Zusammenlebens, die zwar keine »Kritischen Infrastrukturen« darstellen, aber soziale Bindekräfte stimulieren. Einen wichtigen und zentralen Faktor stellt der Kulturbereich dar.

 

Hierbei ist klar: Kultur ist nicht das Surplus, das wir uns nach Überwindung aller Probleme leisten können. Vielmehr erbringt sie wesentliche gesellschaftliche Beiträge, die auch und gerade während schwieriger Krisensituationen erforderlich und hilfreich sind.

 

Die vor allem energiepreisbedingte Teuerungsrate wird die ohnehin vielerorts krisenhaften Haushalte der öffentlichen Hand extrem belasten und zu schwierigen Planungsbedingungen führen. Einsparungen, globale Minderausgaben, verschobene Investitionen und faktische Zuschusskürzungen werden die Folge sein, hinzu kommen Nachtragshaushalte, vorläufige Haushaltsführungen und Unsicherheiten insbesondere für all jene, die von öffentlichen Zuwendungen abhängen. Das betrifft die Kultur in Gänze und führt zu berechtigten Existenzsorgen. Geförderte freie Träger sind darüber hinaus besonders von Kostensteigerungen betroffen, da ihre ohnehin meist knappen Haushalte kaum Kompensationsmöglichkeiten erlauben.

 

Kulturausgaben und andere sogenannte freiwillige Aufgaben der öffentlichen Hand sind besonders gefährdet bei einer sich abzeichnenden Krise der kommunalen Haushalte, könnten aber selbst bei vollständiger Einsparung die Haushalte nicht in Ansätzen retten. Daher gilt es, einen Rahmen zu setzen, der unverhältnismäßige Härten verhindert und gerade in der Krise das gesellschaftliche Leben schützt.Zugleich aber sind auch vom Kulturbereich Krisenbeiträge einzufordern, er kann keinen pauschalen Schutzschirm reklamieren: Krisen müssen wir gemeinsam bewältigen.

 

Was ist zu tun?

 

https://kupoge.de/wp-content/uploads/2022/09/Pressemitteilung.pdf

 

Es steht anzunehmen, dass Krisen künftig nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein werden. Wir müssen daher unseren Begriff von Normalität neu skalieren und mehr Resilienz ausbilden. Neben den geforderten Unterstützungsleistungen ist es folglich auch notwendig, etablierte Praktiken zu hinterfragen, Verhalten und Gewohnheiten zu verändern und neue kulturelle Narrative eines gesellschaftlichen Wohlstands zu schaffen.

 

Dr. Tobias J. Knoblich
Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V.

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