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Wahlprüfsteine

Zu den bevorstehenden Landtagswahlen wurden gemeinsam erarbeitete Fragen zu kulturpolitischen Themen (Wahlprüfsteine) an die politischen Parteien im Freistaat Thüringen vorgestellt. 

Diese Vorstellung der Wahlprüfsteine erfolgte am Montag, den 20. April 2009 um 11 Uhr in Erfurt, Alte Synagoge - Waagegasse. 

 

Hier die Wahlprüfsteine im Wortlaut:

 

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2009

 

der Ständigen Konferenz der kulturellen Fachverbände Thüringens

 

 

 

 

I. Kulturförderung und kulturelle Bildung

 

„Kultur ist ein Schlüssel zur Gesellschaftsentwicklung.“ (aus dem Bericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestages)

Das Recht des Menschen auf Bildung, Kunst und Kultur und damit die Entfaltung seiner kulturellen Identität ist von der UNESCO in den Rang eines Menschenrechts erhoben worden. Auch in der Thüringer Verfassung ist dieses allgemeine Menschenrecht ausdrücklich verankert. In einer Zeit des ökonomischen, sozialen und kulturellen Wandels ist es eine Herausforderung der Zivilgesellschaft, die Diskussion über die Sinnhaftigkeit des individuellen und gemeinschaftlichen Handelns lebendig zu erhalten.

 

 

1KULTURPAKT - Die Ständige Konferenz der kulturellen Fachverbände Thüringens schlägt vor, einen Kulturpakt als Pendant zum Hochschulpakt zwischen kulturellen Fachverbänden und den ministerialen Ebenen des Freistaates abzuschließen, wodurch eine längerfristige Planungssicherheit und Stabilität für die Arbeit gewährleistet wird. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag? Was halten Sie davon, den Kulturpakt als konkreten Punkt im neuen Landeskulturkonzept festzuschreiben?

 

2Wie positionieren Sie sich zum Thema Kulturquote? Hat für Sie eine quotenabhängige Kulturförderung bei künftig schwindenden Haushalten das Potential eine ausreichende Finanzierung der Kulturarbeit zu gewährleisten?

 

3Setzen Sie sich dafür ein, dass Kultur künftig auf allen politischen Ebenen als Pflichtaufgabe formuliert wird und nicht länger „freiwillige Aufgabe“ der Kommunen ist? Auf welche Weise kann dieses Ziel Ihrer Meinung nach am ehesten erreicht werden?

 

4Das durch das Thüringer Kultusministerium aufgelegte, beispielgebende Projektmanagerprogramm ist ein wichtiger Baustein der Kulturförderung. Es ist die Voraussetzung für eine dringend erforderliche kontinuierliche und nachhaltige Arbeit. Wie wollen Sie dieses Programm künftig gestalten? Setzen Sie sich für einen Ausbau des Projektmanagerprogramms ein?

 

II. Landeskulturstiftung

 

Seit der Gründung der Thüringer Landeskulturstiftung wurden Thüringer Künstler und interessante Projekte neuer Kunst im Land gefördert. Dennoch reichen die Mittel bei weitem nicht aus, die zahlreichen förderwürdigen Projekte angemessen zu unterstützen.

 

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Landeskulturstiftung ihre Fördermöglichkeiten durch eine Aufstockung ihres Stiftungsvermögens erweitern kann?

 

 

 

III. Ehrenamt

 

„Ohne das finanzielle und zeitliche Engagement einer großen Zahl von Menschen wären das kulturelle Leben und die kulturelle Vielfalt in Deutschland nicht denkbar. Nicht zuletzt aber bedarf das Ehrenamt der öffentlichen Anerkennung und entsprechender Rahmenbedingungen.“ (aus dem Bericht der  Enquetekommission des Deutschen Bundestages)

 

Wie werden Sie das ehrenamtliche Engagement unterstützen, ohne dadurch

professionelle Arbeit und Arbeitsplätze im Kulturbereich zu gefährden?

 

 

 

 

IV. Förderung in den verschiedenen kulturellen Bereichen (alphabetisch)

 

Bibliotheken

 

Wie schätzen Sie das im Sommer 2008 verabschiedete „Thüringer Bibliotheksrechtsgesetz“ ein? Sind Bibliotheken damit in angemessener Weise rechtlich und finanziell abgesichert? Wo sehen Sie unmittelbaren Nachbesserungsbedarf? Der DBV-Landesverband Thüringen sieht diesen Handlungsbedarf vor allem in den folgenden Punkten gegeben:

 

1In einer der wichtigsten Aussagen des Bibliotheksgesetzes werden  Bibliotheken aller Sparten als Bildungseinrichtungen definiert. Nach wie vor sind jedoch Öffentliche Bibliotheken nicht in die Bildungsinfrastruktur eingebunden und werden in den Kommunen und durch das Land Thüringen nach Lage des Haushaltes gefördert: Wie stehen Sie zur Wiederverankerung der Landesförderung im Haushalt des TKM und der Forderung des Thüringer Bibliotheksverbandes, den Landesanteil an der Finanzierung der Öffentlichen Bibliotheken mindestens auf einem Niveau von 500.000 Euro pro Jahr festzuschreiben?

 

2Sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum wird es aufgrund der Entfernungen für viele Menschen immer schwieriger in einem angemessenen Zeitraum eine Bibliothek aufsuchen zu können. Stadtteilbibliotheken und Bibliotheken in kleineren Städten mussten geschlossen werden. Wie wollen Sie dieser Entwicklung entgegen wirken, weitere Bibliotheksschließungen verhindern und Kommunen und Landkreise bei Aufbau und Unterhaltung von Bibliotheken unterstützen?

 

3Im Thüringer Bibliotheksgesetz werden Schulbibliotheken als wichtige Einrichtungen im Hinblick auf Leseförderung und Unterstützung der schulischen Bildungsarbeit benannt. Viele Schule verfügen jedoch weder über einen jährlichen Mindestetat noch über die Möglichkeit professioneller Betreuung. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Schulbibliotheken ebenso kontinuierlich und ausreichend gefördert werden, wie das in anderen Bereichen der schulischen Bildung der Fall ist?

 

Bildende Kunst 

 

1Die anfängliche Förderung des Bereichs „Kunst und Bauen“ durch den Freistaat ist kontinuierlich zurückgegangen, seit 2006 ruht sie. Sind Sie bereit, dieses Engagement zu erneuern und dauerhaft bei Baumaßnahmen des Freistaates 2% der Ausgaben des Hoch-, Tief- und Landschaftsbaues für Kunst im öffentlichen Raum zu verankern und im Rahmen transparenter, fachlich legitimierter Wettbewerbsverfahren zu vergeben?

 

2Wie beurteilen Sie die Haushaltslage für die Kulturförderung – speziell eine Erhöhung der Mittel zur Einrichtung eines Ankaufpools für zeitgenössische Bildende Kunst und der Einführung gesonderter Ankaufetats in den Landesmuseen für den Erwerb von Werken lebender Künstler? Welche weiteren Konzepte für die Erhaltung von Nachlässen zeitgenössischer Künstler unseres Freistaats streben Sie an?

 

3„Der Künstler schmückt Räume - dies ist Ehre genug“.

Wie in anderen Kunstsparten längst üblich, fordern die Bildenden Künstler Honorare für ihre Arbeit. Wie beurteilen Sie die Forderung der Künstlerinnen und Künstler nach Einführung von Ausstellungshonoraren bei öffentlichen Ausstellungen, um so einen Teil des existenzsichernden Einkommens der Künstler festzuschreiben? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zum Erhalt und der Erhöhung der Förderung kommunaler Galerien und Etablierung weiterer öffentlicher Ausstellungsmöglichkeiten?

 

 

Literatur

 

 

1Literaturförderung kann und darf nur in einem engen Zusammenhang zwischen literarischer Produktion und Rezeption gesehen werden. Welche Maßnahmen werden Sie für eine effektive Literaturförderung im Hinblick auf Autoren- und Leseförderung ergreifen?

 

2Welches Potential sehen Sie in der Arbeit, die die literaturfördernden Vereine, Verbände und Gesellschaften leisten? Wie werden Sie deren Arbeit künftig unterstützen? Welches Potential erkennen sie in einer nachhaltigen Literaturförderung?

 

3In den vergangenen Jahren wurden die Projektmanagerstellen im Bereich der Literaturförderung um 50 % gekürzt. Werden Sie sich für die Erhöhung der Projektmanagerstellen auf das ursprüngliche Niveau von 5 Stellen als wesentlichem Arbeitsinstrument speziell im Bereich der Literaturförderung einsetzen?

 

 

Museen

 

 

1Im Jahr 2004/05 sind die Fördermittel des Landes für die Museen drastisch gekürzt und seitdem eingefroren worden. Wie steht ihre Partei zur Forderung des Museumsverbandes Thüringen, die Fördermittel des Landes für die Museen mindestens auf den Stand des Jahres 2004 wieder anzuheben?

 

2Die Thüringer Museumslandschaft ist in ihrer Substanz hochgradig gefährdet. Die Museen können ihre Kernaufgaben Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln nicht mehr erfüllen. Was will ihre Partei unternehmen, um diesen nicht akzeptablen Zustand zu beenden?

 

3Die Museen in Thüringen vermitteln Wissen und Werte, sie sind der größte außerschulische Bildungsanbieter. Was will ihre Partei unternehmen, damit die Museen diese Kernaufgabe noch viel besser erfüllen können?

 

Musik

 

1Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, die frühkindliche Musikbegegnung in den Familien und in den Kindergärten zu verbessern und welche konkreten und finanzierbaren Möglichkeiten sieht Ihre Partei, musikalische Aktivitäten als spezielle Angebote in der Ganztagsschule, aber auch in allen anderen Organisationsformen der Schule als musikkulturelles Angebot zu verankern? Mit welchen Anreizen wird geworben, um jüngere MusiklehrerInnen für Thüringen zu gewinnen?

 

2Wie wollen Sie eine langfristige verlässliche Bildungsarbeit der öffentlichen Musikschulen  garantieren und auch weiterhin den Zugang zur musikalischen Bildung in Thüringen sozial gerecht  gestalten? Wie stehen Sie zu einem Thüringer Musikschulgesetz?

3Halten Sie die derzeit praktizierte Förderung der Künstlerszene für ausreichend? Befürworten Sie Regularien (z.B. Quotenregelungen, finanzielle Anreize), um die Orchester oder die Medien stärker in die Förderung der Neuen Musik einzubinden? Sehen Sie Möglichkeiten der Verbesserung der Präsentation der Thüringer Komponisten in der Öffentlichkeit durch Vergabe von Kompositionsaufträgen?

 

 

Soziokultur

 

 

1.Bezugnehmend auf die zu erwartenden direkten oder indirekten Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die bisherige Entwicklung und Aufteilung des Kulturetats besteht generell die Befürchtung, dass bei der Knappheit der Mittel die sozio- und breitenkulturelle Arbeit, damit verbundene Netzwerke immer mehr zurückgedrängt, die „kulturelle Grundversorgung“ und zukunftsweisende Entwicklungen gefährdet sind. Das ist umso gravierender im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen wie z.B. demografischer Wandel, kulturelle Bildung, Standortfaktoren usw.

Wie ist ihre Position zu diesem Konflikt und welche Maßnahmen planen Sie, um die kulturelle Vielfalt in Thüringen zu erhalten? Welchen Anteil des Landeshaushaltes würden Sie dafür vorsehen? Wie teilt sich dieser Betrag auf die einzelnen Bereiche der Kultur auf?

2.Die kontinuierliche Anzahl soziokultureller Projekte belegt deutlich die Kreativität, Kompetenz und Innovationsfähigkeit der (sozio-)kulturellen Szene. Trotz flexibler Träger- und Managementstrukturen ist das Arbeitsfeld der Soziokultur noch immer geprägt durch prekäre Arbeitsbedingungen und Unterfinanzierung. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Personalsituation quantitativ nach wie vor unzureichend ist. Hinzu kommen mittelfristig unumgängliche investive Maßnahmen zur Erhaltung der Infrastruktur, Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen aber auch zur Energieeinsparung und damit Senkung der Betriebskosten in Kultureinrichtungen, die es zu berücksichtigen gilt.

Welche Wege gedenkt Ihre Fraktion zu gehen, um der Soziokulturszene in Thüringen – auch unter Bezugnahme auf die aktuellen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission Kultur des Deutschen Bundestages -  die notwendigen angemessenen Rahmenbedingungen in den Bereichen Personal, Investitionen und Programmarbeit zu ermöglichen?

3.Soziokultur in Thüringen - obwohl nicht-kommerziell und gemeinnützig orientiert - ist im Schnittfeld von Kunst, Kultur, Bildung und Sozialer Arbeit angesiedelt. Sie weist damit viele Berührungspunkte zu gesellschaftlichen Feldern wie Stadt- und Regionalentwicklung, Kulturwirtschaft, Tourismus oder bürgerschaftlichem Engagement auf. Dieser Querschnittscharakter wird in vorhandenen Förderprogrammen kaum berücksichtigt.

Wie bewerten Sie die Aufgabenstellung von Soziokultur und Kulturinitiativen als kulturelle Dienstleister? Welche Möglichkeiten sieht ihre Fraktion zur Öffnung der ressortübergreifenden Förderung von Kultur?

 

Theater

 

1Die bestehenden Verträge zwischen Landkreisen und Städten als Träger von Theatern und Orchestern und dem Land Thüringen laufen bis 2012.

Wie wollen Sie auch künftig Planungssicherheit für diese Kulturbetriebe schaffen ?

 

2Die meisten Thüringer Theater und Orchester können ihren Spielbetrieb nur noch aufrecht erhalten auf der Grundlage von Haustarifverträgen, die den Mitarbeitern deutlichen Lohn- und Gagenverzicht abverlangen.

Wie stellen Sie sich eine auskömmliche künftige Theater- /Orchesterfinanzierung vor ?

 

3Die historisch gewachsene, reiche Theater- und Orchesterlandschaft prägt wesentlich die kulturelle Identität des Freistaates.

Wie stellen Sie sich die künftige Standortstruktur vor ?

 

 

 

 

 

Unterzeichner (in alphabetischer Reihenfolge):

 

 

 

Deutscher Bühnenverein, Landesverband Thüringen

Peter Hengstermann (Vorsitzender)

Dr. Ekkehard Müller (Geschäftsführer)

 

 

 

LAG Soziokultur  Thüringen e.V.

Christoph Goelitz (Vorsitzender)

Bettina Rößger (Geschäftsführerin)

 

 

 

Landesmusikrat Thüringen e.V.

Prof. Dr. Eckart Lange (Vorsitzender)

Ursula Krauß (Geschäftsführerin)

 

 

 

Museumsverband Thüringen e.V.

Günter Schuchardt (Vorsitzender)

Holger Nowak (Geschäftsführer)

 

 

 

Landesverband Thüringen im Deutschen Bibliotheksverband e.V.

Dr. Frank Simon-Ritz (Vorsitzender)

Dr. Annette Kasper (Kassenwart)

 

 

 

Thüringer Literaturrat

Matthias Biskupek, Wolfgang Haak (Sprecher)

Dr. Jens Kirsten (Projektmanager)

 

 

 

Verband der Bildenden Künstler in Thüringen e.V.

Prof. Klaus Nerlich (Sprecher)

Michaela Delenk (Geschäftsführerin)

 

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